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rundlage für eine art– und leistungsgerechte Ernäh-
rung von Hunden sind Kenntnisse des Energie– und
Nährstoffbedarfs der jeweiligen Futtermittel. Zum
Deckzeitpunkt soll die Hündin einen normalen Ernährungs-
zustand aufweisen, da sich Mineralstoffmangel und Über–
sowie Untergewicht nachteilig auf die Fruchtbarkeit auswir-
ken können.
Nährstoffe für acht
Die frühere Empfehlung für Schwangere „Du musst essen
für zwei“, ist schon längst widerlegt. Nicht essen für zwei,
sondern Nährstoffe für zwei heißt die Regel. Das gilt auch
für trächtige Hündinnen in den ersten vier Wochen der
Trächtigkeit wird die Hündin entsprechend dem Erhal-
tungsbedarf gefüttert, d. h. genauso wie im nicht-trächtigen
Zustand; anschließend steigt der Bedarf etwa auf das 1,5-
fache an, was nicht durch die Erhöhung der Futtermengen,
sondern der Nährstoffdichte gedeckt werden soll. Die
Trächtigkeit ist, was die Ernährung betrifft, im Allgemeinen
wenig problematisch, da der Bedarf an Nährstoffen auch in
der zweiten Hälfte nur mäßig erhöht ist. Die Deckung des
erhöhten Calciumbedarfes ist weniger für die Entwicklung
der ungeborenen Welpen als vielmehr für die folgende
Säugeperiode bedeutsam.
Der hohe Bedarf an Mineralstoffen bei säugenden Hündin-
nen mit großem Wurf kann selbst bei Ausschöpfung aller
Möglichkeiten hinsichtlich Zusammensetzung des Futters
und mehrmaliger Fütterung am Tag vielfach nicht gedeckt
werden. Nach der Geburt steigt die Milchleistung und da-
mit der Energie– und Nährstoffbedarf bis zur dritten bis
fünften Woche drastisch an. Als Faustzahl wird angeführt,
dass sich pro saugenden Welpen der Bedarf um das 0,25-
fache des Erhaltungsbedarfes erhöht. Dies kann bei grö-
ßerer Welpenanzahl nur dann annähernd gedeckt werden,
wenn Futter mit hoher Akzeptanz und Nährstoffdichte drei-
mal täglich gefüttert wird. Besonders wichtig ist die Mine-
ralstoff– und Vitaminversorgung, da diese Nährstoffe mit
der Milch in beträchtlichen Mengen abgegeben werden.
Vor allem der lebensnotwendige Mineralstoff Calcium
muss zugeführt werden, um die so genannte „pueperale
Tetanie“ zu vermeiden. Bei diesem Krankheitsbild handelt
es sich um eine Stoffwechselstörung, bei der es zu einer
Unterversorgung mit Calcium kommt. Die Krankheit wird
oft auch als „Eklampsie“ bezeichnet, obwohl Ursache und
Verlauf der dabei auftretenden Krämpfe völlig anderer Art
sind als bei der Eklampsie der Frau.
Frauen leiden anders
Die Präeklampsie ist eine Komplikation, die bei 5 bis 7 %
aller Schwangerschaften vorkommt und durch Bluthoch-
druck und Eiweiß im Urin gekennzeichnet ist. In diesem
Fall ist die Entbindung die beste Behandlungsmethode, da
die Symptome 24 bis 48 Stunden nach dem Ausstoßen
der Plazenta von selbst wieder verschwinden. Deshalb
wird bei Frauen mit Präeklampsie oft schon um die 38.
Schwangerschaftswoche oder noch früher die Geburt ein-
geleitet, wenn der Zustand der Mutter eine Gefahr für sie
selbst oder das Baby darstellt. Wenn der Zustand der Mut-
ter ernst ist oder zusätzliche Komplikationen auftreten,
kann auch ein Kaiserschnitt notwendig werden.
Die Eklampsie kommt selten vor und zeichnet sich vor al-
lem durch Krampfanfälle aus, die wiederum Folge einer
unbehandelten schweren Präeklampsie sind. Diese Situa-
tion ist sowohl für die Mutter als auch für das Baby gefähr-
lich, da Eklampsie das Gehirn schädigen und eine Vermin-
derung der Sauerstoffzufuhr zum Baby bewirken kann. Die
wirksamste Behandlungsmethode ist eine schnelle Geburt,
die oft durch einen sofortigen Kaiserschnitt erfolgt. Falls
sich während der Wehen eine Eklampsie entwickelt, wer-
den krampflösende Mittel gegen weitere Anfälle verab-
reicht. Es ist dann eine sofortige Entbindung durch We-
henfördernde Maßnahmen oder Kaiserschnitt notwendig.
Bei Eklampsie steigt der Blutdruck manchmal nur relativ
leicht an. Das gilt besonders für werdende Mütter unter
zwanzig Jahren.
Störfall nach der Geburt
Bei der puerperalen Tetanie handelt es sich um eine mit
der Milchproduktion (medizinischer Begriff: „Laktation“) in
Verbindung stehende Abnahme des Blutcalciumspiegels.
Davon sind in erster Linie Hündinnen kleinwüchsiger Ras-
sen mit großen Würfen betroffen. Nach den Angaben in
der Literatur entwickelt sich diese akute Stoffwechselstö-
rung etwa zwei bis fünf Wochen nach der Geburt, selten
früher und nur ausnahmsweise um den Wurfzeitpunkt her-
um. Dabei scheinen Hündinnen, die sehr viel Milch produ-
zieren und die viele kräftige, sich rasch entwikkelnde Wel-
pen haben, besonders anfällig zu sein.
Verlust verkrampft
Die Entstehungsmechanismen der Erkrankung sind noch
nicht hinreichend geklärt. Es wird angenommen, dass es
bei der Umstellung von der Trächtigkeit auf die Milchpro-
duktion zu einem plötzlichen funktionellen Versagen der
hormonellen Regulationsmechanismen kommt. Der hohe
Calciumverlust im letzten Trächtigkeitsdrittel und die deut-
lich gesteigerte Calciumgabe mit der Kolostralmilch kön-
nen vorübergehend nicht mehr kompensiert werden. In der
Folge des reduzierten Blucalciumspiegels treten Anfälle
auf. Das klinische Bild ist zunächst durch Nervosität,
Ängstlichkeit, einen verstörten Gesichtsausdruck, gele-
gentliches Hecheln, keuchende, frequente Atmung und
Muskelzittern charakterisiert. Wenig später stellt sich ein
unsicherer Gang ein und die Extremitäten werden steif.
Nach dem Einsetzen so genannter „tonisch-klonischer“
Krämpfe können die Tiere nicht mehr alleine stehen. Sie
fallen um und können sich nicht mehr erheben. Nacken
und Gliedmaßen sind maximal gestreckt. Nicht selten wer-
den auch Krämpfe der Kaumuskulatur, vermehrtes Spei-
cheln sowie eine erhöhte Körpertemperatur (>41°C) beo-
bachtet. Darüber hinaus kann es auch zu Herz-Kreislauf-
Problemen kommen. Zwischen den Krampfanfällen beruhi-
gen sich die Tiere scheinbar, wobei aber die Muskulatur
kontrahiert bleibt. In verschieden langen Intervallen wie-
derholen sich die Krämpfe oft stundenlang und führen zur
raschen Erschöpfung. Das Bewusstsein bleibt weitgehend
erhalten.